Dienstag, 27. September 2011

Nach guten drei Wochen, die ich nun schon in Südafrika lebe, kann ich nun endlich meinen Blog online stellen. Am 05.09. bin ich über Istanbul nach Johannesburg geflogen. Trotz meines fast verpassten Anschlussfluges und meines in Istanbul gebliebenen Gepäcks, bin ich glücklich in Johannesburg angekommen. Von dort wurde ich zusammen mit Anna, einer anderen Freiwilligen, die ich auf dem Vorbereitungsseminar kennengelernt habe und die im selben Flieger saß, abgeholt und nach Benoni gefahren.
Nach diesen drei Wochen bin ich zwar noch nicht voll ins Projekt eingespannt, aber meine Aufgaben mehren sich und ich lerne das Projekt von Tag zu Tag besser kennen, von daher nun ein erster Einblick in die Einrichtung im Allgemeinen und meine Tätigkeit im Speziellen.

Kids Haven ist ein Projekt für Straßenkinder oder Kinder aus problematischen familiären Hintergründen aus Benoni und Johannesburg. Die Kinder werden entweder durch Angehörige vermittelt, oder direkt von der Straße „aufgesammelt“
Kids Haven ist in zwei Haupteinrichtungen untergliedert: Die erste Einrichtung ist das „Centre“ oder „Shelter“, zentral in Benoni gelegen. Das Centre dient als Erstanlaufstelle für die Neuankömmlinge. Im Centre leben derzeit etwa 100 Kinder im Alter von 6 bis 18. Hier haben sie einen Schlafplatz und kriegen Essen, außerdem erhalten sie in der sogenannten „bridging school“ Grundwissen in den Fächern Mathematik, Englisch und Zulu (die meistgesprochene Sprache in der südafrikanischen Provinz Gauteng). Die bridging school dient, wie der Name andeutet, als Brücke, damit die Kinder die Möglichkeit kriegen, nachher auf eine staatliche Schule zu gehen. Die meisten Kinder im Centre waren vorher noch nicht auf einer Schule, ihnen fehlt also grundsätzliches Wissen.

Das Hauptgebäude des Centres
Die zweite Einrichtung ist das „Village“. Die Centre-Kinder, die sich an die Regeln halten und den Schritt auf eine staatliche Schule schaffen, werden in das ca. 3 km entfernte Village versetzt. Das Village besteht aus 6 Häusern, in denen jeweils ca. 15 Kinder gleichen Geschlechts und ähnlichen Alters zusammen mit einer „Mum“ bzw. Einem „Uncle“ untergebracht sind. Die Kinder werden morgens vom Transport abgeholt und zu ihren jeweiligen Schulen gefahren. Mittags werden sie dann zurück ins Village gebracht. Nachmittags werden die Hausaufgaben gemacht und es wird draußen gespielt, um 18.30h wird gemeinsam im Haus Abendbrot gegessen.

Das Haus "Sugarbush" in dem auch ich untergebracht bin

Die Mitte des Villages, ringsherum befinden sich die Häuser

Das Haus "Starlight", gegenüber von "Sugarbush"


Wir Freiwilligen sind auch im Village untergebracht, Benedikt (ein Freiwilliger, der einen Monat vor mir ankam) und ich teilen uns ein Zimmer im Haus „Sugarbush“, in dem Jungs von 6 – 14 untergebracht sind. Wir Freiwilligen fahren um acht Uhr mit einem Transport vom Village zum Centre, wo jeder den ihm oder ihr zugeteilten Aufgaben nachgeht. Nach dem Mittagessen im Centre um 13.30h, fahren wir wieder zurück ins Village. Dort können wir dann bei den Hausaufgaben helfen, mit den Kindern spielen, oder unserem Nachmittagsprogramm nachgehen. Das Abendessen nehmen wir Freiwilligen dann im jeweiligen Haus gemeinsam mit den Kindern und der Mum bzw. dem Uncle ein.

Nach vielem hin und her werde ich nun eine kleine Klasse, anfänglich nur 2 Schüler, in den Fächer Englisch und Mathematik unterrichten. Der Unterricht dient dazu, den Kindern absolute Grundlagen (Niveau einer deutschen ersten oder zweiten Klasse) zu vermitteln. Außerdem bin ich Mitglied des „life skills“-Teams. Life skills wird vormittags und nachmittags angeboten. In diesem Fach werden zentrale Fragen des Lebens mit den Jugendlichen besprochen. Die Botschaft, die an die Jugendlichen vermittelt werden soll, lässt sich unter „macht etwas aus eurem Leben“ zusammenfassen. Die Jugendlichen werden motiviert, die Angebote von Kids Haven wahrzunehmen, über ihre Probleme zu reden und Eigeninitiative zu zeigen. Während dieses Unterrichts zeigt sich sehr genau, wer verstanden hat, was für eine Chance ihm durch Kids Haven geboten wird und wer nicht. In dieser Klasse sind besonders schwere Fälle vertreten, zwar weiß ich immer noch nicht viel über die Hintergründe der jeweiligen Kinder, aber viele sind sehr verhaltensauffällig. In dieser Klasse gibt es zum Beispiel einen Jungen, der sich ununterbrochen die Nase reibt oder seine eigene Hand anstarrt. Er ist ein typisches Beispiel für die enormen, durch Klebstoffschnüffeln ausgelösten Hirnschäden. Ich hoffe, ich werde irgendwann einmal Akteneinsicht kriegen, um mehr über die Kinder und Jugendlichen zu erfahren. Mein Zugang zu ihnen  wird aber generell von Tag zu Tag besser.
Außerdem haben Anna und ich angefangen, Kampfsportunterricht zu geben. Die Idee kam uns auf dem Vorbereitungsseminar, da wir beide früher Kampfsport gemacht haben. Natürlich war es nicht ganz leicht, das ganze bei der Projektleitung durchzubringen, da die Angst, die Kinder könnten den Sport missbrauchen, nicht unbegründet ist. Aber Uncle Pet (zuständig für den Sport) fand die Idee gut und hat ein gutes Wort für Anna und mich eingelegt. Nun leiten wir eine Gruppe von 8 – 10 Kindern bzw. Jugendlichen aus dem Centre. Diese wurden vorher sorgfältig ausgewählt, um das Missbrauchsrisiko zu minimieren.
Ende dieser Woche beginnen die Ferien und für uns Freiwillige der Urlaub, danach geht es dann für mich wirklich los und ich werde meine Klasse unterrichten.
Morgen möchte ich nach Möglichkeit noch einige Bilder von Johannesburg und von Daveyton, einem Township in der Nähe von Benoni hochladen.

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