Montag, 14. November 2011

Arbeitsalltag

Bisher habe ich das Projekt nur vage beschrieben, von daher an dieser Stelle ein detaillierterer Einblick in meinen Tagesablauf:
Nach dem Aufstehen gehe ich erstmal Joggen. Danach wird geduscht, gefrühstückt und gegen acht Uhr (die Uhrzeit variiert) kommt ein Transporter, der uns und noch einige andere Kinder und Mitarbeiter abholt und ins Centre fährt. Um 8.30 h geht dort der Tag für uns los. Anna geht dann zusammen mit Lea in den Kindergarten (Lea war vor zwei Jahren Freiwillige bei Kids Haven, sie hat den theoretischen Teil ihrer Ausbildung als Erzieherin in Deutschland absolviert und macht nun den praktischen Teil in Südafrika, insgesamt ein halbes Jahr).

Kindergartenkinder beim Mittagessen

Bene, Laura und ich gehen in die bridging school. Jeder von uns hat zwei Kinder, mit denen er/sie Unterricht macht. Ich arbeite mit Sello und Sanele (12 und 13).

Sanele (links) und Sello (rechts), im Hintergrund Bene mit seinen Schülern

Die Schüler von Laura und Bene sind, was die Grundlagen angeht, schon deutlich weiter als meine, die Gestaltungsmöglichkeiten dementsprechend größer. Da Sello und Sanele noch extreme Schwierigkeiten mit dem Lesen haben, betrachte ich dies als meine Hauptaufgabe. Auch Mathe ist nicht leicht, ich versuche, beiden das Zahlensystem näherzubringen. Beide nutzen in zu großem Maße ihre Finger oder Striche auf einem Schmierblatt, um zu rechnen. Das wird spätestens bei Aufgaben wie „40 + 50“ zum Verhängnis. Langsam bringe ich ihnen aber das Prinzip der Einer, Zehner und Hunderter bei. Bei allem muss ich immer beachten, dass das, was ich für selbstverständlich halte, nicht Selbstverständlich ist.
Sanele wird nach den Sommerferien wieder auf eine staatliche Schule gehen, in die 5. Klasse. Sein Wissen entspricht höchstens dem eines Zweitklässlers, ich will ihm bis dahin also zumindest einige Grundlagen vermitteln. Er ist zwar nicht wirklich schnell, aber halbwegs lernwillig und ruhig. Anders als Sello. Er hat zwar bessere Grundlagen und könnte relativ schnell lernen, ist jedoch sehr anstrengend, malt lieber in seinem Buch rum und hört schlecht zu. Er kann (verglichen mit Sanele) schon recht gut lesen, wenn aber ein Wort unbekannt ist, liest er die ersten Buchstaben und rät dann den Rest, entweder er kann es auf Anhieb, oder er hat keine Lust. Ob er nach den Ferien auf eine Schule kommt, weiß ich nocht nicht, ich halte es bei seinem Verhalten allerdings für unwahrscheinlich.
Der Unterricht geht ca. bis 10.30 Uhr, dann ist „tea time“ (dann gibt es im Essensraum für jeden ein Glas Saft und noch ein Toastbrot). Für mich hört der Unterrichtstag bisher damit auf, ich werde aber ab nächster Woche noch eine weitere Stunde (von 11 bis 12 Uhr) mit Sello und Sanele machen, ich möchte irgendetwas in die Richtung „Sachkunde“ vorbereiten, also über Tiere, Pflanzen und Geografie unterrichten. Das möchte ich lockerer Gestalten, als Ausgleich zum Mathe- und Englischunterricht.

Nach 10.30 h haben wir Freiwilligen Pause, wir können dann entweder Unterricht vorbereiten oder in den Kindergarten gehen und mit den Kindern spielen (die natürlich immer sehr begeistert sind, wenn jemand spielwilliges hinzukommt). Ansonsten kann man die Zeit auch nutzen, um einkaufen zu gehen oder Emails zu schreiben.
Um 13.30 h gibt es Mittagessen.

Mittagessen im Centre

Zwei Mal die Woche bleiben Anna und ich im Centre, da wir von 16.00 bis 17.00 h mit ca. 20 Kindern und Jugendlichen (die Gruppengröße variiert ständig) Kampfsporttraining. Das Training macht mir wirklich Spaß, vor allem, weil es von Stunde zu Stunde besser wird. Die Gruppe ist von Mal zu Mal größer geworden, auch an die Zeiten haben sich die Kinder langsam gewöhnt, auch wenn es noch nicht reibungslos läuft. Wie an anderer Stelle bereits erwähnt, spielt Zeit in Südafrika eine, gelinde gesagt, untergeordnete Rolle. Übersetzt heißt das für Anna und mich, dass wir um vier durch das Centre laufen und daran erinnern, dass das Training nun beginnt. Aber wenn dann mal alle da sind, geht es gut. Wir verlangen viel Disziplin von den Jugendlichen, je schweißtreibender wir das Training gestalten, desto ruhiger läuft es ab. Ich habe den Eindruck, dass man über den Sport teilweise viel besser an die Kinder bzw. Jugendlichen herankommt.

Der Kampfsportunterricht ist zweigeteilt:

während ich Taekwondo mache...

...macht Anna Muy Thai (Kickboxen)

Ansonsten fahren wir meist direkt nach dem Mittagessen ins Village zurück. Dort sind dann eigentlich alle Kinder draußen, wir beschäftigen uns dann mit ihnen (Entweder wir spielen oder wir unterhalten uns mit ihnen). Das geht dann so bis zum Abendessen. Jedes Haus ist gemeinsam Abendbrot, meistens gibt es das gleiche Essen wie im Centre. In meinem Haus, Sugarbush, wird um 18.30 h Abendbrot gegessen. Während des Essens wird nicht geredet, danach wird meistens diskutiert, wenn z.B. wieder irgendjemand etwas aus dem Gemeinschaftskühlschrank gestohlen hat. Das ist bei uns recht oft passiert, insofern sind die „Luxusgüter“ (Fleischwurst, Käse, Eier) für unser Haus seit einigen Wochen gestrichen, bis sich die Kinder entschuldigt haben. Ansonsten wird das Abendessen dadurch beendet, dass jeder noch kurz etwas über seinen Tag sagt.

Gemeinsames Essen im Haus Sugarbush

Abends wird Fernsehen geguckt, wir Freiwilligen gucken dann entweder einen Film auf Lauras Laptop, oder wir lesen, spielen ein Spiel, ansonsten gehen wir ins Bett. Wir gehen hier generell früh schlafen, sehr selten nach 23.00 h.