Montag, 27. Februar 2012

Sommerferien

Nach einer gefühlten Ewigkeit hier mal wieder ein kleines Update:
Am 29.12. sollte für Anna und mich der Urlaub starten. Wir fuhren also früh am Morgen nach Johannesburg zur Park Station, dem zentralen Busbahnhof der Stadt. Von dort fuhren wir mit einem Reisebus ca. 8 Stunden bis nach Thohoyandou, einer Stadt in Limpopo, Südafrikas nördlichster Provinz. Dort wollten wir uns mit Maike, Laurenz und Saphira, drei anderen weltwärtslern, die wir auf unserem Vorbereitungsseminar kennengelernt hatten, treffen, um anschließend mit ihnen den Urlaub zu verbringen. Die Busfahrt selbst war abgesehen vom doch sehr gewöhnungsbedürftigen Musikgeschmack des Fahrers sehr interessant, da sich die Umgebung immer mehr veränderte, es wurde merklich bergiger und die Dörfer, die wir passierten, immer ländlicher. Nachdem wir in Thohoyandou ankamen, wurden wir von den anderen Freiwilligen abgeholt und fuhren zu ihrer Gastfamilie nach Shayandima, einem zu Thohoyandou gehörendem Township.
Die Gastfamilie, bestehend aus Vater (Pastor in der anglican church), Mutter (Lehrerin), einer 11 Jahre alten Tochter und Drillingen im Alter von 6, kommt aus dem an Limpopo angrenzenden Zimbabwe.

Die Drillinge
Dementsprechend hatten wir auch einige sehr interessante Gespräche, gerade mit dem Gastvater, über die politische und wirtschaftliche Situation in seinem Heimatland, aus erster Hand haben solche Informationen einen komplett anderen Stellenwert, als wenn man irgendwo in den Medien davon erfährt. Gerade die Schilderungen der großen Krise von 2009, als der Zim-Dollar aufgrund der Inflation (Als wir in unserem letzten Urlaub in Zimbabwe waren, habe ich mir einen alten „five hundred million dollars“-Schein erstanden) einbrach, die Geschäfte leer waren und die gesamte Wirtschaft brach lag, waren sehr krass.
Die nächsten Tage konnten Anna und ich uns ein Bild vom „Safe Park“, dem Projekt in dem die Drei arbeiten, machen. Das Projekt befindet sich in einem von Shayandima etwa acht Kilometer entfernten, sehr einfachen Township und dient als eine Art Spielplatz für die Kinder, die nach der Schule hier betreut spielen können. Insgesamt hatte ich keinen guten Eindruck vom Projekt, die festen Mitarbeiter schienen nicht recht zu wissen, was sie denn zu tun hätten, und zwischen den Freiwilligen und den betreuten Kindern besteht eine große Sprachbarriere, da die Kinder kaum Englisch können. In Kids Haven sind die Englischkenntnisse der Kinder zwar teilweise auch recht dürftig, aber Kommunikation ist immer problemlos möglich. In der Stadt ist Englisch als Verkehrssprache nicht wegzudenken, insofern ist zumindest ein Grundwortschatz Standard, auf dem Land allerdings, wo die meisten ihr Dorf nicht verlassen, nicht selbstverständlich.
Ansonsten genossen wir die Zeit in Limpopo seit sehr, auch nach dem Urlaub an traumhaften Stränden kann ich sagen, dass mich Limpopo am meisten begeistert hat. Ich möchte keinesfalls romantisieren, aber die sehr ländliche Einfachheit in sehr dünn besiedelten, wunderschönen Landschaften hatte einen großen Reiz auf mich ausgeübt. Trotzdem darf man dabei nicht vergessen, dass Limpopo die von Arbeitslosigkeit und HIV/Aids am stärksten betroffene Provinz in Südafrika ist. Sehr anders ist hier auch der Umgang mit der Ressource Wasser, die hier aufgrund des Klimas begrenzt ist. Um 17 Uhr war das Wasser bei den Freiwilligen in Shayandima zentral abgestellt, bei anhaltender Dürre teilweise auch über einige Tage.
Nachdem wir so eine Woche herum brachten, sollte unser eigentlicher Urlaub starten, wir mussten bis zum 25. Januar in Greyton, nahe Kapstadt, zu unserem Zwischenseminar erscheinen. Also brachen wir am 06. Januar um ein Uhr morgens auf Richtung Küste. Nach fast 15 Stunden Autofahrt erreichten wir unser erstes Ziel, St. Lucia. Wie auch in den folgenden Städten suchten wir uns erst einen Backpacker, dann ging es in den heiß erwarteten Indischen Ozean. Ich, der ich ansonsten nur die Ostsee (die ich gar nicht schlechtreden möchte) kenne, war von der Strömung und den Wellen fasziniert. Wir verbrachten zwei schöne Tage in St. Lucia und hatten den Strand fast für uns alleine, da die südafrikanische Reisesaison seit einigen Tagen vorbei war.

Der Strand von St. Lucia
Ich werde mich in diesem Bericht auf die schönsten Orte beschränken, trotzdem hier einmal die Route: St.Lucia, Mtunzini, Ballito, Umhlanga, Durban, Port St. Johns, Coffee Bay, Cintsa, Port Elizabeth, Plettenberg Bay, Cape Agulhas, Hermanus, Cape Town.

Von der Natur her am schönsten waren auf jeden Fall Port St. Johns und Coffee Bay. In Port St. Johns machten wir mit einem Guide eine Tour durchs Dickicht, um nach einer Stunde an einem schönen kleinen Wasserfall anzukommen. Dort verbrachten wir den halben Tag damit, von den Klippen zu springen, anfangs ein ziemlicher Nervenkitzel.

Blick auf den Strand
Der nächste Ort, an den wir schon große Erwartungen hatten, war Coffee Bay. Etwa 40 km abseits von der Hauptstraße, wurde uns von vielen geraten, den Weg nur bei Tag und im Schritttempo zu machen, da die Straßenverhältnisse ziemlich schlecht seien. Wir hielten dies natürlich nicht für nötig, also wurde bei Dunkelheit losgefahren. Es kam natürlich wie es kommen musste, nach ca. 20 Kilometern gab es einen Unheil verkündenden Knall, und wie zu erwarten sind wir Opfer eines riesigen Schlaglochs geworden. Der rechte vordere Reifen war also unbrauchbar. Folglich mussten wir mitten auf der Straße den vollgestopften Kofferraum ausräumen, Wagenheber und Ersatzreifen herausholen und das Problem beseitigen. Ein Ersatzreifen ist schon eine tolle Sache, sollte aber tunlichst heile sein um seine Funktion zu erfüllen. Leider war dieser Anspruch zu hoch, der Mantel war ziemlich mitgenommen und die Luft mehr als halb raus. Da wir aber keine andere Möglichkeit hatten, mussten wir es probieren und anschließend im Schneckentempo den Rest des Weges antreten. Nach Stunden hatten wir es dann geschafft, wir hatten wirklich Glück, da der Reifen keinen weiteren Kilometer mehr mitgemacht hätte. Im Backpacker, in den wir eincheckten, herrschte Hochbetrieb, trotz Ende der Feriensaison waren sehr viele Leute aus den unterschiedlichsten Ländern da. Wir beschlossen also, hier für mehrere Tage zu verweilen. Natürlich wollten wir zunächst das Reifenproblem klären. Die Idee, eine Tankstelle aufzusuchen war illusorisch, da Coffee Bay fernab von allem war, der nächste Geldautomat eine gute Autostunde entfernt. Man sagte uns aber, dass es im Ort selber die vielversprechende Werkstatt „magic tyres“ gäbe, die sich ausschließlich auf das Reparieren von Reifen spezialisiert hatte. (Ich vermute, dass jeder zweite, der nach Coffee Bay kommt ein ähnliches Problem hat wie wir, die Straße ist selbst bei Tageslicht nicht ohne.) Im Nachhinein finde ich das Wort „Werkstatt“ ein bisschen hoch gegriffen, es war eher eine Hütte mit provisorischem Werkzeug, die Mitarbeiter kifften munter und machten keinen wirklich professionellen Eindruck. Trotzdem hat alles gut geklappt, der Reifen war danach wieder in Ordnung.
So konnten wir also die Zeit in Coffee Bay genießen, vormittags erkundeten wir Coffee Bay mit seiner beeindruckenden Natur, die Abende ließen wir mit Leuten aus aller Welt ausklingen und führten sehr interessante Gespräche. An einem Tag machten wir mit einem ortsansässigem Guide, der sich selbst „Manfred Klaus“ nannte (Deutsche Touristen haben ihm eines Tages diesen Namen gegeben, er hatte anscheinend seinen Gefallen daran) und eigentlich nie nüchtern war, eine lange Wanderung zum „hole in the wall“, einem in der Mitte durchspültem Felsen an der Küste Coffee Bays. Die Wanderung ging durch eine unglaublich schöne Natur, gleichzeitig erzählte uns Manfred Klaus viel von der immer noch sehr traditionellen Kultur der Xhosa, denen er selbst angehört. Angefangen hatte das Gespräch, als wir am Strand einen außer seinem Lendenschutz nackten und mit weißer Tonerde eingeriebenen Jugendlichen langlaufen sahen. Es sah sehr klischeehaft aus. Wir erfuhren daraufhin, dass es bei den Xhosa ein Mannwerdungsritual gibt: Für einen Monat werden die Jugendlichen in die Wildnis geschickt und erjagen sich ihr Essen selber und schlafen im Freien. Sie haben während dieser Zeit keinen Kontakt zu ihrem Stamm/Dorf. Anschließend kehren sie zurück und werden beschnitten, danach wird gefeiert.

Der Jugendliche bei seiner "Mannwerdung"
Wir waren nach dieser Geschichte alles sehr interessiert, ich habe nicht gewusst, dass es noch solch traditionelle Rituale gibt. Auf dem Weg erklärte uns Manfred auch den Nutzen einiger heimischer Pflanzen, z.B. einer Artverwandten der Aloe Vera, die die Xhosa-Frauen, wenn sie ihr Kind abstillen wollen, auf ihre Brustwarzen reiben. Da die Pflanze sehr bitter schmeckt, vergeht dem Kind schnell die Lust auf Muttermilch. Eine weitere Pflanze stellte er uns als effektives Mittel vor, um bei einem Sonnenbrand Abhilfe zu leisten, da ich verbrannte Schultern hatte rieb ich mich also ein und es hat tatsächlich enorm geholfen und auch das typische Jucken und Hautpellen unterbunden.








Manfred Klaus

Das "hole in the wall"

Nach ca. 2 Stunden kamen wir beim hole in the wall an und gingen baden. Wir wollten gerade wieder zurücklaufen, als Manfred aufgeregt auf den Boden deutete, wo sich eine kleine schwarze Schlange befand, eine noch junge Black Mamba. Ohne groß darüber nachzudenken habe ich sie gestreichelt, ich dachte eine kleine Schlange könnte nicht gefährlich sein, erst nachher erfuhr ich, dass das falsch sei. Ich habe riesiges Glück gehabt, dass ich nicht gebissen wurde, ein Biss der Black Mamba verläuft wenn nicht sofort vom Arzt behandelt meistens tötlich, und ein Arzt war definitiv nicht in Reichweite.  Auf dem Rückweg verschwand Manfred kurz und kam mit einer kleinen Plastiktüte wieder, in der sich Hühnerinnereien befanden. Ich durfte natürlich probieren und kaute sehr lange auf diesem Etwas mit undefinierbarer Konsistenz herum und lehnte einen Nachschlag dankend ab. Abends, nach der Wanderung, zogen wir mit Manfred Klaus zum Liquor Store, damit wir das traditionelle Bier der Xhosa probieren konnten. Ich habe mich sehr darauf gefreut, war dann aber sehr enttäuscht, es schmeckte wie saure Milch und roch ähnlich. Der kulinarischen Experimente war aber noch nicht genug, als Manfred mit einer weiteren Plastiktüte ankam, diesmal gefüllt mit Hühnerfüßen und Hühnerköpfen, passenderweise „Walk & Talk“ genannt, ankam und ich auch diesmal zulangen durfte. Der Hühnerkopf sah schon gewöhnungsbedürftig aus, die Vorstellung, Hirn und Augen zu essen war auch nicht wirklich appetitanregend. Ich aß dann aber trotzdem unter den Blicken der Jugendlichen und Erwachsenen, die um den Liquor Store standen und mein sehr langsames Kauen und zeitweiliges Würgen anscheinend sehr amüsant fanden.
An einem anderen Tag nutzten wir die Gelegenheit, für umgerechnet 4 Euro einen Surfkurs zu machen. Ich hatte einen großen Spaß und stand sogar einige Male auf dem Brett, auf jeden Fall habe ich mich ziemlich cool gefühlt.

Der Liquor Store (egal wie klein ein Dorf ist, ein Liquor Store ist immer vorhanden)
In Port Elizabeth hatten wir einen Backpacker in der Innenstadt, wir nutzten die Gelegenheit und gingen abends weg und die Kneipen und Bars der Stadt zu erkunden. Wir fanden dann eine sehr schöne Kneipe, es herrschte gute Stimmung und eine Band spielte Jazz, der Abend war also ein schöner. Leider ging der nächste Morgen nicht so schön weiter, als Maike mich und Laurenz aufgeregt aufweckte und sagte, jemand sei ins Auto eingebrochen. Tatsächlich hatte jemand in der Nacht eine Scheibe eingeschlagen und in unserem Auto nach brauchbaren Dingen gesucht. Da es für den Urlaub unser mobiles Zuhause war, befanden sich natürlich alle Wertgegenstände innen, Es wurden ein Laptop, eine Kamera, mehrere Handys und Maikes komplettes Gepäck gestohlen, die Stimmung war entsprechend am Boden. Da Maike bis auf die Sachen, die sie in der Nacht anhattte, nichts mehr hatte, mussten wir erst mal einkaufen gehen und den Plan, in den Addo Elephant Park zu gehen an den Nagel hängen.

Die Polizei (die ca. eine Stunde nach dem Anruf kam) hatte den sinnvollen Vorschlag, Fingerabdrücke zu nehmen 
So fuhren wir dann direkt weiter bis Plettenberg Bay. Anna und Laurenz hatten vor, von hier aus am nächsten Tag zur Bloukrans Brücke zu fahren, um dort den höchsten Bungeejump der Welt zu machen. Ich hatte keine Lust, lies mich dann aber doch überreden, genau wie Maike und Saphira. Also brachen wir auf und waren schon sehr aufgeregt. Bei der Brücke angekommen, wurden wir gewogen, durften noch eine halbe Stunde warten und den anderen todesmutigen Menschen beim Springen zugucken, bis dann auch wir mit einigen anderen zur Brücke geführt wurden. Die Bloukrans Brücke wird normal von Autos genutzt, gesprungen wird unterhalb. Wir starteten also vom Rand aus und liefen über die Unterführung bis zur Mitte der Brücke. Die Unterführung selbst war nur ein Gitter, man konnte also die ganze Zeit runter gucken, was mich nicht unbedingt mutiger stimmte. In der Mitte angekommen, befanden wir uns auf einer Art Podest, von wo es dann Ernst werden sollte. Nacheinander wurden wir dann aufgerufen, man kriegte eine Manschette um die Füße, die dann mit dem Bungee-Seil verbunden wurde, man wurde zum Rand geführt und es ging los. Ich dachte, das würde sich ziehen weil jeder ewig zögern würde. Die Mitarbeiter machten ihre Sache aber gut, wenn man am Rand stand, gab es kein zurück, entweder man sprang freiwillig, oder es gab ein bisschen Nachhilfe. Ich war jedenfalls sehr aufgeregt, sprang dann aber selbst. Es war ein unglaubliches Gefühl. Die ersten zwei Sekunden nach dem Absprung stand die Zeit einfach stehen, es war unbeschreiblich. Dann kam der Boden auch langsam näher, das Seil zog an und ich wurde nach oben geschleudert, fiel wieder, usw. Irgendwann seilte sich dann einer der Mitarbeiter ab, befestigte mich an einem Haken und ich wurde nach oben gezogen. Alles in allem eine tolle Erfahrung.
Dann ging es auch schon weiter, nächster und letzter Stop vor Kapstadt sollte das Fischerdorf Hermanus sein. Vorher machten wir noch einen Zwischenstop am Cape Agulhas, dem südlichsten Punkt Afrikas, an dem der Indik in den Atlantik übergeht.

Hermanus selber war sehr schön und wir genossen den Tag, am nächsten Morgen brachen wir dann gen Kapstadt auf. In Kapstadt selber wollten wir für drei Tage bleiben, Unterkunft fanden wir bei anderen Freiwilligen, die im Centre for Creative Education in Kapstadt arbeiten. Kapstadt selbst war in etwa so, wie ich es mir vorgestellt hatte, deutlich europäischer als alle anderen bisher besichtigten Städte. Die Innenstadt hatte nichts afrikanisches mehr, aber es war trotzdem mal wieder angenehm, unbefangen durch die Stadt zu laufen. In vielerlei Hinsicht scheint mir Kapstadt deutlich fortschrittlicher als andere Städte, ich sah zum ersten Mal einige Pärchen verschiedener Hautfarben, das ist bei uns in Johannesburg eine absolute Rarität und überhaupt nicht selbstverständlich. Von Kapstadt sahen wir ansonsten nicht so viel, da wir die Zeit eher mit den anderen Freiwilligen verbrachten. Erwähnenswert war noch Blick vom Signal Hill, von dem man bei Nacht einen wunderschönen Blick auf die gesamte leuchtende Stadt hat.
Nach den Tagen Kapstadt brachen wir dann in das ca. 100 km entfernte Greyton, einen kleinen, im Landesinnern liegenden Ort auf, in dem wir unser Zwischenseminar hatten.
Dort lernte ich einige neue Leute kennen, viele kannte ich aber schon vom Vorbereitungsseminar. Es herrschte eine gute Stimmung, wir schilderten uns gegenseitig unsere Projekte und besprachen gesellschaftspolitische Themen, den Sinn des Freiwilligendienstes und vieles mehr. Dies war besonders deswegen interessant, weil wir viele Fragen schon auf dem Vorbereitungsseminar besprochen hatten, nach einem halben Jahr eigener Erfahrungen aber teilweise eine andere Meinung hatten als noch zuvor.
Auch dieses Seminar verging wie im Flug, am 29.01. mussten Anna und ich dann unsere Sachen in den Golf (inzwischen auf „Paul Utz von Benoni“ getauft) verladen um den Weg nach Benoni anzutreten.
1600 km Weg vor uns...
Alles in allem war es ein sehr schöner Urlaub, der meinem Bild von Südafrika einige Facetten hinzugefügt hat, ich sehe vieles jetzt anders als zuvor. Nach dem Urlaub hatte ich auch zum ersten Mal wirklich das Gefühl, angekommen zu sein, mich in der Kultur eingelebt zu haben.

Montag, 14. November 2011

Arbeitsalltag

Bisher habe ich das Projekt nur vage beschrieben, von daher an dieser Stelle ein detaillierterer Einblick in meinen Tagesablauf:
Nach dem Aufstehen gehe ich erstmal Joggen. Danach wird geduscht, gefrühstückt und gegen acht Uhr (die Uhrzeit variiert) kommt ein Transporter, der uns und noch einige andere Kinder und Mitarbeiter abholt und ins Centre fährt. Um 8.30 h geht dort der Tag für uns los. Anna geht dann zusammen mit Lea in den Kindergarten (Lea war vor zwei Jahren Freiwillige bei Kids Haven, sie hat den theoretischen Teil ihrer Ausbildung als Erzieherin in Deutschland absolviert und macht nun den praktischen Teil in Südafrika, insgesamt ein halbes Jahr).

Kindergartenkinder beim Mittagessen

Bene, Laura und ich gehen in die bridging school. Jeder von uns hat zwei Kinder, mit denen er/sie Unterricht macht. Ich arbeite mit Sello und Sanele (12 und 13).

Sanele (links) und Sello (rechts), im Hintergrund Bene mit seinen Schülern

Die Schüler von Laura und Bene sind, was die Grundlagen angeht, schon deutlich weiter als meine, die Gestaltungsmöglichkeiten dementsprechend größer. Da Sello und Sanele noch extreme Schwierigkeiten mit dem Lesen haben, betrachte ich dies als meine Hauptaufgabe. Auch Mathe ist nicht leicht, ich versuche, beiden das Zahlensystem näherzubringen. Beide nutzen in zu großem Maße ihre Finger oder Striche auf einem Schmierblatt, um zu rechnen. Das wird spätestens bei Aufgaben wie „40 + 50“ zum Verhängnis. Langsam bringe ich ihnen aber das Prinzip der Einer, Zehner und Hunderter bei. Bei allem muss ich immer beachten, dass das, was ich für selbstverständlich halte, nicht Selbstverständlich ist.
Sanele wird nach den Sommerferien wieder auf eine staatliche Schule gehen, in die 5. Klasse. Sein Wissen entspricht höchstens dem eines Zweitklässlers, ich will ihm bis dahin also zumindest einige Grundlagen vermitteln. Er ist zwar nicht wirklich schnell, aber halbwegs lernwillig und ruhig. Anders als Sello. Er hat zwar bessere Grundlagen und könnte relativ schnell lernen, ist jedoch sehr anstrengend, malt lieber in seinem Buch rum und hört schlecht zu. Er kann (verglichen mit Sanele) schon recht gut lesen, wenn aber ein Wort unbekannt ist, liest er die ersten Buchstaben und rät dann den Rest, entweder er kann es auf Anhieb, oder er hat keine Lust. Ob er nach den Ferien auf eine Schule kommt, weiß ich nocht nicht, ich halte es bei seinem Verhalten allerdings für unwahrscheinlich.
Der Unterricht geht ca. bis 10.30 Uhr, dann ist „tea time“ (dann gibt es im Essensraum für jeden ein Glas Saft und noch ein Toastbrot). Für mich hört der Unterrichtstag bisher damit auf, ich werde aber ab nächster Woche noch eine weitere Stunde (von 11 bis 12 Uhr) mit Sello und Sanele machen, ich möchte irgendetwas in die Richtung „Sachkunde“ vorbereiten, also über Tiere, Pflanzen und Geografie unterrichten. Das möchte ich lockerer Gestalten, als Ausgleich zum Mathe- und Englischunterricht.

Nach 10.30 h haben wir Freiwilligen Pause, wir können dann entweder Unterricht vorbereiten oder in den Kindergarten gehen und mit den Kindern spielen (die natürlich immer sehr begeistert sind, wenn jemand spielwilliges hinzukommt). Ansonsten kann man die Zeit auch nutzen, um einkaufen zu gehen oder Emails zu schreiben.
Um 13.30 h gibt es Mittagessen.

Mittagessen im Centre

Zwei Mal die Woche bleiben Anna und ich im Centre, da wir von 16.00 bis 17.00 h mit ca. 20 Kindern und Jugendlichen (die Gruppengröße variiert ständig) Kampfsporttraining. Das Training macht mir wirklich Spaß, vor allem, weil es von Stunde zu Stunde besser wird. Die Gruppe ist von Mal zu Mal größer geworden, auch an die Zeiten haben sich die Kinder langsam gewöhnt, auch wenn es noch nicht reibungslos läuft. Wie an anderer Stelle bereits erwähnt, spielt Zeit in Südafrika eine, gelinde gesagt, untergeordnete Rolle. Übersetzt heißt das für Anna und mich, dass wir um vier durch das Centre laufen und daran erinnern, dass das Training nun beginnt. Aber wenn dann mal alle da sind, geht es gut. Wir verlangen viel Disziplin von den Jugendlichen, je schweißtreibender wir das Training gestalten, desto ruhiger läuft es ab. Ich habe den Eindruck, dass man über den Sport teilweise viel besser an die Kinder bzw. Jugendlichen herankommt.

Der Kampfsportunterricht ist zweigeteilt:

während ich Taekwondo mache...

...macht Anna Muy Thai (Kickboxen)

Ansonsten fahren wir meist direkt nach dem Mittagessen ins Village zurück. Dort sind dann eigentlich alle Kinder draußen, wir beschäftigen uns dann mit ihnen (Entweder wir spielen oder wir unterhalten uns mit ihnen). Das geht dann so bis zum Abendessen. Jedes Haus ist gemeinsam Abendbrot, meistens gibt es das gleiche Essen wie im Centre. In meinem Haus, Sugarbush, wird um 18.30 h Abendbrot gegessen. Während des Essens wird nicht geredet, danach wird meistens diskutiert, wenn z.B. wieder irgendjemand etwas aus dem Gemeinschaftskühlschrank gestohlen hat. Das ist bei uns recht oft passiert, insofern sind die „Luxusgüter“ (Fleischwurst, Käse, Eier) für unser Haus seit einigen Wochen gestrichen, bis sich die Kinder entschuldigt haben. Ansonsten wird das Abendessen dadurch beendet, dass jeder noch kurz etwas über seinen Tag sagt.

Gemeinsames Essen im Haus Sugarbush

Abends wird Fernsehen geguckt, wir Freiwilligen gucken dann entweder einen Film auf Lauras Laptop, oder wir lesen, spielen ein Spiel, ansonsten gehen wir ins Bett. Wir gehen hier generell früh schlafen, sehr selten nach 23.00 h. 

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Eindrücke der vergangenen 6 Wochen

Ich wollte an dieser Stelle mal unsortiert einige Eindrücke von Südafrika, die ich in den letzten 6 Wochen gesammelt habe, wiedergeben. Das bezieht sich jetzt nicht auf das Projekt, sondern generell auf Südafrika.
Der Kulturschock war für mich nicht so krass wie erwartet. Die ersten Tage waren natürlich ungewohnt und voll von Neuem, aber ein Alltagsgefühl hat sich bei mir recht schnell eingestellt. Ich fange mal mit dem Thema „südafrikanische Mentalilät“ an: Das Wort „chillen“ trifft hier recht gut zu. Man hat einfach Zeit. Deswegen sind Uhrzeiten hier auch nicht wirklich aussagekräftig, wenn man sich um 12 Uhr verabredet, trifft man sich bestefalls um 1. Ich musste sehr lachen, als ich hier zum ersten Mal das Wort „now-now“ gehört habe. Da hier allen bewusst ist, „dass das Wort „now“ auch heißen kann, „in einer halben Stunde“, gibt es eben now-now, also „wirklich JETZT“.
Ansonsten sind die meisten Menschen hier sehr freundlich und offen, man kann eigentlich mit jedem, den man so trifft, einfach ein Gespräch anfangen. Sobald man jemanden mehr als 2 Sekunden in die Augen blickt, grüßt man sich mit „how are you?“ bzw. „gunjani?“ (Zulu). Das ist anfangs ungewohnt, gerade wenn man aus Deutschland kommt, aber ich nehme es als sehr positiv war.
Südafrika ist multikulturell, Schwarze bilden die größte Bevölkerungsgruppe, danach kommen Inder. Stark unterschieden wird zwischen Weißen und Afrikaans-sprechenden. Die Multikulturalität ist natürlich bereichernd, aber auch problematisch, da die Bevölkerungsgruppen oft mehr oder weniger für sich leben und es untereinander einige Vorurteile und Konflikte gibt.
Ansonsten mal zum Straßenbild: Auffällig sind die Straßenverkäufer, die an jeder Ecke sitzen und eigentlich alles dasselbe verkaufen: Man kriegt dort südafrikanisches finger-food, komische stark gewürzte Maisflips oder so, ansonsten fat cakes (frittierter Teig, billig und sättigend), Obst und Gemüse und Zigaretten. Es gibt aber natürlich auch Händler mit anderen Waren, oben genanntes findet man aber so ziemlich überall. Die Straßen sind hier ziemlich dreckig, ich glaube die Mülleimer stehen hier eher Alibi-mäßig rum, da man seinen Müll eigentlich irgendwo hinwirft.
Der Verkehr hier ist ein Abenteuer. Das Straßenbild ist geprägt von den Minibussen, dem öffentlichen Verkehrssystem Südafrikas. Minibusse bieten Platz für ca. 12 Personen und fahren nach einem für Deutsche undurchsichtigem System kreuz und quer durch die Stadt. Man muss sich sehr gut auskennen, um wirklich durchzublicken. Per Handzeichen hält man einen solchen Bus an und kann mitfahren. Man zahlt grundsätzlich 10 Rand, also ca. 1 Euro pro Fahrt, egal wie lange man fährt. Die Taxis sind der Grund für das ständige, nervtötende Gehupe, das man die ganze Zeit hört, es dient als Zeichen, dass noch Platz im Auto ist. Die Minibusse sind die Hauptursache für die vielen Unfälle hier, da die meisten Fahrer ziemlich unvorsichtig fahren (sie wechseln manchmal ohne zu blinken die Spur...). Es gibt hier sehr viele Polizeikontrollen, da viel ohne Führerschein oder mit verkehrsuntauglichen Autos gefahren wird. Es gibt hier sehr viele Verkehrstote und bei den Unfällen sind meist die Minibusse im Spiel.
In Benoni fühle ich mich sehr wohl. Anders als ich in Deutschland dachte, kann ich mich hier sehr frei bewegen, alleine durch die Stadt laufen etc. Es gibt hier zwar nur wenige Weiße, aber man wird nicht komisch angeschaut oder so. Das ist schon anders in Daveyton, einem zu Benoni gehörenden Township. Dort war ich nun schon zwei Mal, beim ersten Mal war es schon eine krasse Erfahrung, ich kannte Wellblechhütten ja nur von Bildern. Hier guckten uns alle an, die meisten haben sich aber sehr gefreut, es kommen selten Weiße in ein Township.
Auch in Johannesburg war ich nun schon einige Male. Die Stadt gefällt mir sehr, sie hat ihren eigenen Flair. Die Stadt entstand ja während des Goldrauschs in Südafrika, daher ist sie sozusagen über Nacht gebaut worden, was man an der nicht gerade schönen Architektur sieht. Aber mir gefällt das Rauhe sehr und bei Nacht von der Stadtautobahn aus die Skyline zu sehen, ist immer wieder faszinierend. 

Freitag, 14. Oktober 2011

Urlaub in Botswana und Simbabwe

Am Montag, den 10.10., sind wir vier Freiwilligen (Anna, Laura, Benedikt und ich) spätabends von unseren 12 Tagen Urlaub zurückgekommen. Geplant wurde vorher nicht viel, wir hatten eine ungefähre Reiseroute, nämlich quer durch Botswana mit einem Abstecher nach Simbabwe, um die Victoria Falls zu besichtigen. So ging es dann im vollgeladenen Golf auf nach Gaborone. Das Passieren der Grenze war kein Problem, auf der botswanischen Seite begann sich dann die Umgebung allmählich zu ändern. Die Landschaften sahen ausgedehnter  aus, alles war ländlicher. Und Autos waren nicht länger die einzigen Verkehrsteilnehmer, Eselkarren, Kuh- und Ziegenherden prägten das Straßenbild.

Wer hat hier Vorfahrt?
Kurz vor Gaborone checkten wir dann, nach vielem hin und her, in einem Naturreservat mit Campsite ein. Den Hinweis, dass unser Golf für die Straßen ungeeignet sei, erhielten wir zu spät. Die Straßen waren für Wägen mit Allradantrieb ausgelegt. Trotzdem war es sehr schön im Reservat, wir sahen Zebras, Giraffen, Antilopen, Affen etc.



Die Campsite war auch mitten in der Natur, nicht großartig abgegrenzt vom restlichen Reservat. Das zeigte sich dann besonders am nächsten Morgen, als ich aufwachte, weil in Pavian auf unser Zelt sprang.

Geweihe eignen sich auch als Kochutensilien
Weiter ging es dann in Richtung Victoria Falls. Geplant war eigentlich eine Route durch Simbabwe, allerdings rieten uns einige Polizisten (in ganz Botswana scheint die Maul- und Klauenseuche sehr verbreitet, von daher kommt man ständig in Polizeikontrollen), mit denen wir uns zufällig unterhielten, drigend davon ab. Der ganze Staat Simbabwe sie „completely fucked-up“, alles sei korrupt bis ins Mark, und als Weißer würde man von der Polizei quasi ausgeraubt. Ähnliches erfuhren wir später auch von anderen Leuten. So fuhren wir dann auf botswanischer Seite. Wir schafften es nicht mehr, eine Stadt mit Campsite zu erreichen, mussten uns also etwas anderes zum Zelten suchen. So fuhren wir dann von der Straße ab, als wir einen kleinen Hof sahen, um die Besitzer zu fragen, ob wir dort übernachten können. Dort lebten nur zwei alte Frauen, die kein Englisch sprachen und drei in irgendeiner Weise mit ihnen verwandte Kinder, die zur Schule gingen und Übersetzer für uns spielten. Der Hof bestand aus einer umzäuten Hütte, einem Feuerplatz und einem Schlafplatz für die Kinder, die draußen schliefen, die Hütte war nämlich nur für die Frauen. Ringsherum liefen Ziegen, Hunde, Hühner und ein Esel. Elektrizität gab es nicht und das Wasser wurde vom Brunnen geholt. Wir kochten dann auf unserem Campingkocher Reis mit Dosencurry für uns alle, außerdem wurden meine Zigartten mit sehr viel Freude aufgenommen. Es wirkte alles ein wenig surreal, war aber schön. 



Am nächsten Tag ging es weiter zu den Vic Falls. Die Strecke dahin war schon toll, fast kein Auto zu sehen, dafür aber immer mal wieder ein Elefant oder ein Strauß.

Dieses Verkehrszeichen...

...bewahrheitete sich noch!
 Die Simbabwische Grenze war schon anstrengender, aber auch kein größeres Problem. Wir mussten jeder 30 US-Dollar für unser Visum zahlen, auch für das Auto eine recht teure Versicherung, die sich zum großen Teil aus irgendeiner „Umwelt-Schutz-Steuer“ bestand, reine Abzocke.

Sehr einladend
typisch für Simbabwe: die Meerkätzchen (verantwortlich für viele Taschendiebstähle)
Der Ort Victoria Falls war sehr touristisch geprägt und dementsprechend auch sehr teuer. Wir checkten dann in einem Backpacker ein, um dann am nächsten Morgen die Victoria Falls zu sehen. Es war wirklich beeindruckend, die Wassermassen in die Tiefe stürzen zu sehen und zu wissen, dass dies schon seit Jahrtausenden Tag für Tag, Sekunde für Sekunde passierte. Außerdem war die angrenzende Natur vom spritzenden Wasser geprägt, es sah teilweise aus wie im Urwald. Es war wirklich sehr schön, außerdem war man sehr frei, was die Distanz zu den Felsen anging, es gab nämlich einen sogenannten „danger point“, an dem es keine Begrenzung gab, man stand also direkt an der Schlucht. So etwas wäre in Deutschland undenkbar gewesen.






Abends unterhielten wir uns dann mit einigen Leuten im Backpacker. Wir unterhielten uns mit einigen darüber, wie denn die politische Situation im Land sei und ob eine Revulotion wie in Nordafrika denn ausgeschlossen sei. Die meisten waren dieser Meinung, wirklich geregelten Widerstand gegen das Regime Mugabes gebe es auch nicht. Außerdem wisse keiner, was nach Mugabe passieren solle. Ein Ranger, den wir später in Maun kennenlernten, war optimistischer und meinte, nach dem Tod Mugabes würde alles recht schnell gehen, die Generäle würden fliehen, es würde einige Monate heftigsten Bürgerkrieg geben, dann würde sich aber ein besseres System etablieren. Der Weg zur Demokratie sei aber noch ein weiter. Außerdem lernten wir ein junges Pärchen aus der Schweiz kennen, das vor 8 Monaten mit ihrem Land Rover den Landweg nach Afrika angetreten sind und von Land zu Land fahren. Sehr interessante Leute, mit denen wir uns über den Unterschied der afrikanischen und der europäischen bzw. westlichen Mentalität unterhielten.
Nach diesem Trip ging es dann wieder nach Botswana. Auch diesmal eine kaum befahrene, fast nur geradeaus führende Straße, die ich dann für meine erste inoffizielle Fahrstunde nutzte. Und wer sonst kann schon von sich behaupten, beim ersten Mal Autofahren seien ihm Zebras, Giraffen, Strauße und Ziegen über die Straße gelaufen?

typische Straße in Botswana
In Botswana besichtigten wir zuerst die Salzwüste, dann wollten wir weiter zum Okanvango Delta. Das ganze verzögerte sich um einen Tag, da es beim mieten des Autos mit Allradantrieb Probleme gab, da die zuständige Frau nicht wirklich kompetent war. Am nächsten Tag ging es dann wirklich ins Delta und es war unglaublich schön, wir sahen sehr viele Tiere. Besonders beeindrucken waren die Hippos in ihrem Wasserloch, eine Horde Elefanten und die zwei Geparden, die wir aber leider nur aus der Ferne sahen. Wir übernachteten abermals in einem Camp mitten im Park, was zur Folge hatten, dass wir unsere Nudeln quasi neben einigen Elefanten kochten, die ihrerseits vom Baum fraßen. Das war ziemlich beeindruckend.







Nach Besuch des Deltas ging es wieder nach Maun, wo wir die letzten zwei Tage in einem Camp verbrachten, dass zu einem Hotel gehörte, wir konnten also den Hotelpool benutzen. Ich zog mir dann im Irrglauben, auch ein bisschen braun zu werden, einen fetten Sonnenbrand zu. Mein sich immernoch pellender Bauch sagt mir, dass ich nächstes Mal Sonnencreme verwenden sollte. 
Danach ging es dann wieder zurück, eigentlich hatten wir 2 oder 3 Tage für die Rückfahrt eingeplant, fuhren die 1300 km dann doch in einem durch. Der Rückweg führte durch die Kalahari, wir waren fast alleine auf der Straße. (Mal wieder abgesehen von den Tieren, an die wir uns inzwischen schon gewöhnt hatten).

Straußen sahen wir oft am Straßenrand
Es war generell ein Urlaub, bei dem wir sehr viel im Auto fuhren (insgesamt über 4000 km), es war aber sehr interessant, so lange nichts, bis auf Einöde zu sehen, man kriegt einen Eindruck von der Größe Afrikas. Ein toller Urlaub. 

Ein Sonnenuntergang in Afrika
Das Rot ist in Wirklichkeit noch deutlich intensiver, nicht zu vergleichen mit einem Sonnenuntergang in Deutschland


Dienstag, 27. September 2011

Nach guten drei Wochen, die ich nun schon in Südafrika lebe, kann ich nun endlich meinen Blog online stellen. Am 05.09. bin ich über Istanbul nach Johannesburg geflogen. Trotz meines fast verpassten Anschlussfluges und meines in Istanbul gebliebenen Gepäcks, bin ich glücklich in Johannesburg angekommen. Von dort wurde ich zusammen mit Anna, einer anderen Freiwilligen, die ich auf dem Vorbereitungsseminar kennengelernt habe und die im selben Flieger saß, abgeholt und nach Benoni gefahren.
Nach diesen drei Wochen bin ich zwar noch nicht voll ins Projekt eingespannt, aber meine Aufgaben mehren sich und ich lerne das Projekt von Tag zu Tag besser kennen, von daher nun ein erster Einblick in die Einrichtung im Allgemeinen und meine Tätigkeit im Speziellen.

Kids Haven ist ein Projekt für Straßenkinder oder Kinder aus problematischen familiären Hintergründen aus Benoni und Johannesburg. Die Kinder werden entweder durch Angehörige vermittelt, oder direkt von der Straße „aufgesammelt“
Kids Haven ist in zwei Haupteinrichtungen untergliedert: Die erste Einrichtung ist das „Centre“ oder „Shelter“, zentral in Benoni gelegen. Das Centre dient als Erstanlaufstelle für die Neuankömmlinge. Im Centre leben derzeit etwa 100 Kinder im Alter von 6 bis 18. Hier haben sie einen Schlafplatz und kriegen Essen, außerdem erhalten sie in der sogenannten „bridging school“ Grundwissen in den Fächern Mathematik, Englisch und Zulu (die meistgesprochene Sprache in der südafrikanischen Provinz Gauteng). Die bridging school dient, wie der Name andeutet, als Brücke, damit die Kinder die Möglichkeit kriegen, nachher auf eine staatliche Schule zu gehen. Die meisten Kinder im Centre waren vorher noch nicht auf einer Schule, ihnen fehlt also grundsätzliches Wissen.

Das Hauptgebäude des Centres
Die zweite Einrichtung ist das „Village“. Die Centre-Kinder, die sich an die Regeln halten und den Schritt auf eine staatliche Schule schaffen, werden in das ca. 3 km entfernte Village versetzt. Das Village besteht aus 6 Häusern, in denen jeweils ca. 15 Kinder gleichen Geschlechts und ähnlichen Alters zusammen mit einer „Mum“ bzw. Einem „Uncle“ untergebracht sind. Die Kinder werden morgens vom Transport abgeholt und zu ihren jeweiligen Schulen gefahren. Mittags werden sie dann zurück ins Village gebracht. Nachmittags werden die Hausaufgaben gemacht und es wird draußen gespielt, um 18.30h wird gemeinsam im Haus Abendbrot gegessen.

Das Haus "Sugarbush" in dem auch ich untergebracht bin

Die Mitte des Villages, ringsherum befinden sich die Häuser

Das Haus "Starlight", gegenüber von "Sugarbush"


Wir Freiwilligen sind auch im Village untergebracht, Benedikt (ein Freiwilliger, der einen Monat vor mir ankam) und ich teilen uns ein Zimmer im Haus „Sugarbush“, in dem Jungs von 6 – 14 untergebracht sind. Wir Freiwilligen fahren um acht Uhr mit einem Transport vom Village zum Centre, wo jeder den ihm oder ihr zugeteilten Aufgaben nachgeht. Nach dem Mittagessen im Centre um 13.30h, fahren wir wieder zurück ins Village. Dort können wir dann bei den Hausaufgaben helfen, mit den Kindern spielen, oder unserem Nachmittagsprogramm nachgehen. Das Abendessen nehmen wir Freiwilligen dann im jeweiligen Haus gemeinsam mit den Kindern und der Mum bzw. dem Uncle ein.

Nach vielem hin und her werde ich nun eine kleine Klasse, anfänglich nur 2 Schüler, in den Fächer Englisch und Mathematik unterrichten. Der Unterricht dient dazu, den Kindern absolute Grundlagen (Niveau einer deutschen ersten oder zweiten Klasse) zu vermitteln. Außerdem bin ich Mitglied des „life skills“-Teams. Life skills wird vormittags und nachmittags angeboten. In diesem Fach werden zentrale Fragen des Lebens mit den Jugendlichen besprochen. Die Botschaft, die an die Jugendlichen vermittelt werden soll, lässt sich unter „macht etwas aus eurem Leben“ zusammenfassen. Die Jugendlichen werden motiviert, die Angebote von Kids Haven wahrzunehmen, über ihre Probleme zu reden und Eigeninitiative zu zeigen. Während dieses Unterrichts zeigt sich sehr genau, wer verstanden hat, was für eine Chance ihm durch Kids Haven geboten wird und wer nicht. In dieser Klasse sind besonders schwere Fälle vertreten, zwar weiß ich immer noch nicht viel über die Hintergründe der jeweiligen Kinder, aber viele sind sehr verhaltensauffällig. In dieser Klasse gibt es zum Beispiel einen Jungen, der sich ununterbrochen die Nase reibt oder seine eigene Hand anstarrt. Er ist ein typisches Beispiel für die enormen, durch Klebstoffschnüffeln ausgelösten Hirnschäden. Ich hoffe, ich werde irgendwann einmal Akteneinsicht kriegen, um mehr über die Kinder und Jugendlichen zu erfahren. Mein Zugang zu ihnen  wird aber generell von Tag zu Tag besser.
Außerdem haben Anna und ich angefangen, Kampfsportunterricht zu geben. Die Idee kam uns auf dem Vorbereitungsseminar, da wir beide früher Kampfsport gemacht haben. Natürlich war es nicht ganz leicht, das ganze bei der Projektleitung durchzubringen, da die Angst, die Kinder könnten den Sport missbrauchen, nicht unbegründet ist. Aber Uncle Pet (zuständig für den Sport) fand die Idee gut und hat ein gutes Wort für Anna und mich eingelegt. Nun leiten wir eine Gruppe von 8 – 10 Kindern bzw. Jugendlichen aus dem Centre. Diese wurden vorher sorgfältig ausgewählt, um das Missbrauchsrisiko zu minimieren.
Ende dieser Woche beginnen die Ferien und für uns Freiwillige der Urlaub, danach geht es dann für mich wirklich los und ich werde meine Klasse unterrichten.
Morgen möchte ich nach Möglichkeit noch einige Bilder von Johannesburg und von Daveyton, einem Township in der Nähe von Benoni hochladen.